nachhaltiges unternehmertum |
am Beispiel der Weinbranche

Unternehmertum bedeutet ein Unternehmen zu führen

Unternehmen sind Wirtschaftsgüter produzierende oder Dienstleistungen erbringende wirtschaftliche Einrichtungen. Sie nehmen zweckgebunden Aktivitäten wahr, um Produkte oder Services zu erstellen und zu vermarkten. Zur Koordination der Aktivitäten bedarf es einer Orchestrierung. Unternehmensführung durch die Unternehmerin oder den Unternehmer umfasst dabei vielfältige Entscheidungen hinsichtlich der Organisation im Unternehmen und hinsichtlich der Prozesse und Aktivitäten, die das betriebliche Ergebnis kurz- und langfristig beeinflussen.

 Institutionelle Führung

Mit institutioneller Unternehmensführung werden die Leitungsebenen eines Unternehmens bezeichnet. Die leitenden Personen steuern die ihrem Bereich zugeordneten Leistungsprozesse mit Personal- und Budgetverantwortung. In kleinen Betrieben stellt der Unternehmer in der Regel die institutionelle Führung und trägt die alleinige Verantwortung.

Funktionelle Führung

Unter funktionaler Unternehmensführung versteht man einen bewussten Gestaltungs- und Steuerungsprozess, bei dem betriebliche Ziele gesetzt und durch Aktivitäten und Kombination betrieblicher Faktoren erreicht werden sollen. In Kleinstbetrieben werden viele Aktivitäten in Personalunion, primär implizit und nicht sequenziell, sondern simultan und situativ gelebt.


Unternehmertum erfordert multiple Kompetenzen

Das sich wandelnde Managementverständnis hat auch die Anforderungen an Führungspersönlichkeiten geprägt. Grundsätzlich werden drei Fähigkeitsbereiche unterschieden. Kompetenz umfasst sowohl die Fähigkeiten und hiermit verbundenen Sachverstand als auch die hierauf aufbauende organisatorische Verankerung durch Verantwortung und Zuständigkeit.

Technische Kompetenzen

Fachliche und sachliche Lösungen und Lösungsansätze kreieren

Konzeptionelle Kompetenzen

Aus komplexen Sachverhalten Handlungen generieren

Soziale Kompetenzen

Menschen im Umfeld gewinnen, überzeugen und einbinden


In Kleinstbetrieben sind bei den Unternehmenslenkern die technischen Kompetenzen besonders ausgeprägt, da Unternehmerinnen und Unternehmer ihren Betrieb auf Basis ihrer Sach- und Fachkompetenz aufbauen und hieraus auch primär ihre Motivation ableiten. Bei Führungspersönlichkeiten in großen Betrieben steht die konzeptionelle Kompetenz im Zentrum, wobei diese sich zur Erfüllung von fachlichen und sozialen Anforderungen im Bedarfsfall unterschiedlicher Ressourcen im Unternehmen, wie beispielsweise der Strategieabteilung, Kommunikationsexperten, der Personalabteilung und auch externe Ressourcen bedienen können. In Kleinstbetrieben wird eine umfassende Kompetenzerfüllung durch die Unternehmerin oder den Unternehmer erwartet. In Reflexion der Kernkompetenzen von Unternehmerinnen und Unternehmern, den wachsenden Anforderungen und einer menschlich begrenzten Leistungsfähigkeit, liegt der Schlüssel in sozialen Kompetenzen und einer geschickten Kombination aus Vernetzung, Partnerschaft, Delegation, Fortbildung und gezieltem Verzicht.

Unternehmertum braucht eine passende Organisation

Unternehmertum bedingt eine passende Organisationsgestaltung. Unter Organisation wird die Strukturierung von Aufgaben, die Zuordnung von Verantwortlichkeiten und die Entwicklung von generellen Regelungen verstanden, um effizient und effektiv zu handeln. Der richtige Organisationsgrad ist bei Kleinstbetrieben ein relevanter Erfolgsfaktor, da übergreifende Zuständigkeiten und sich ergänzende Kompetenzen im Team um die Person des Unternehmers etabliert werden müssen, so dass weder Überbelastung noch Unterauslastung entsteht. Die Organisation im Unternehmen ist dabei stark von den integrierten Menschen abhängig, aber auch vom Lebenszyklus des Unternehmens, vom Grad der technischen Entwicklung und von der umgebenden Umwelt.

Unternehmerinnen und Unternehmer müssen sich bewusst sein, dass unterschiedliche Rollen in der Organisation des Unternehmens wahrgenommen, priorisiert und koordiniert werden müssen.

Interpersonelle Rollen

Als Gallionsfigur, Vorgesetzte*r und Vernetzer*in, die dem überzeugenden Außenauftritt und der Repräsentanz des Unternehmens dienen

Informationelle Rollen

Als Radarschirm, Sender*in und Sprecher*in eine professionelle interne und externe Informationsverarbeitung und -weitergabe sichern

Entscheidungsrollen

Als Innovator*in, Problemlöser*in, Ressourcenzuteiler*in und Verhandlungsführer*in die klassischen Steuerungsaktivitäten wahrnehmen

Unternehmertum wird durch unternehmerisches Handeln geprägt

Unternehmensführung und Unternehmertum sind sich überschneidende Phänomene. Unternehmerinnen und Unternehmer sind gefordert, den Betrieb durch eine Choreografie der Führungsaktivitäten zu steuern. Unternehmertum wird häufig auch an Eigentum am Betrieb festgemacht. In der betrieblichen Praxis gibt es jedoch sowohl unternehmerisch agierende Angestellte als auch nicht unternehmerisch handelnde Betriebsinhaber:innen. Im Kern geht es bei Unternehmensführung und bei Unternehmertum um die Wahrnehmung von Aufgaben und Verantwortlichkeit im Unternehmen und um die Art und Weise, wie betriebliche Entscheidungen gefällt werden. Unternehmerisches Handeln wird durch drei Merkmale charakterisiert:

Proaktivität

Situationen werden als Chance interpretiert und motivieren Unternehmer, aktiv zu werden

Risikobereitschaft

Kein Ausblenden von Risiken, aber ein bewusster Umgang unter Abwägen von Risiken zur Ergreifung von Chancen

Innovative Kreativität

Begeisterung Ideen zu entwickeln, neue Wege zu beschreiten und Versuche zu wagen

Unternehmertum wird mit Willen zur Zielerreichung und hohem Zielanspruch verbunden. Wenn Situationen als Chancen interpretiert werden und mit innovativen Ideen Lösungsansätze kreiert werden, werden ambitionierte Ziele erreichbar. Die unternehmerische Unternehmensführung und die Entscheidungsfindung werden dabei maßgeblich von den persönlichen Werten, den Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen, den Ambitionen und der Motivation des Unternehmers geprägt und beeinflusst.

Unternehmerische Entscheidungsfindung

Unternehmerische Entscheidungen orientieren sich grundsätzlich am ökonomischen Prinzip. Dieses besagt, dass ein bestimmter Erfolg mit dem geringstmöglichen Mitteleinsatz (Minimalprinzip) bzw. mit einem bestimmten Mitteleinsatz der größtmögliche Erfolg (Maximalprinzip) erzielt werden soll. In einer Weiterführung dieses Grundsatzes unterscheidet die Unternehmerforschung zwei Ansätze der unternehmerischen Entscheidungsfindung, Effectuation und Causation genannt:

Causation

Eine als Causation titulierte Entscheidungsfindung ist zielorientiert. Die für eine Zielsetzung erforderlichen Voraussetzungen und Mittel werden organisiert, um eine Zielerreichung sicherzustellen. Unvorhersehbare Situationen werden über analysierendes Vorausschauen und strategische Planung vermieden. Gewinnorientierung und Abgrenzung von der Konkurrenz bestimmen das Entscheidungsverhalten.

Effectuation

In der Praxis zeigen sich zunehmend unternehmerische Entscheidungen, die ohne Zieldefinition gefällt werden. Hierbei bestimmen die vorhandenen Mittel den Weg. In Abhängigkeit vorhandener Mittel wird agiert und Zielzustände erreicht. Dieses Verhalten als wird als ressourcengetriebenes Handeln bezeichnet. Die Nutzung von Zufällen, verkraftbarer Verlust und Partnerschaften steuern die unsichere Zukunft.


Die Art der Entscheidungsfindung ist institutions- und persönlichkeitsabhängig und von dem Inhalt der Entscheidung bestimmt. Beide Verhaltensweisen haben ihre Berechtigung und werden auch wechselweise angewandt. Causation dominiert die Instrumente der klassischen Betriebswirtschaftslehre. Empirische Beobachtungen zeigen, dass in unsicheren Entscheidungssituationen intuitive und somit Effectuation-orientierte Entscheidungsfindung erfolgsfördernd sein kann. So steuern Start-Ups ihren Unter­nehmensaufbau oft­mals nach diesem Prinzip, indem sie Chancen mit ihren gegebenen Mittel ergreifen. Innovative Geschäftsmodelle werden durch schrittweise Realisierung, Ausprobieren und fortlaufende Anpassung von Maßnahmen zum Erfolg. Vor allem in Krisenzeiten ermöglicht ein intuitives Verhalten, auf unvorhersehbare Veränderungen zu reagieren oder Chancen zu ergreifen.

Unternehmertum als Chance für Nachhaltigkeit

Die zunehmende Dynamik in unserer Umwelt bedingt und begünstigt unternehmerisches Handeln: schnelle, aber belastbare Entscheidungen bei positiver Grundeinstellung zu Veränderungen in der Umwelt, Risikoakzeptanz bei bewusstem Risikomanagement, gepaart mit Mut zu Innovation und zur Veränderung. Wenn die Lebenszyklen von Ideen, Produkten und Unternehmen sich drastisch verkürzen, liegt der Erfolg in der unternehmerischen Entscheidungsfindung, einem Erkennen von Chancen und einer zielgerichteten, zügigen Umsetzung von Ambitionen und Ideen. Damit werden unternehmerisches Entscheidungsverhalten und Managementstil zum Impetus und prägen erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement. Nachhaltigkeitsmanagement fordert Veränderungsbereitschaft und Wille zur Schaffung von Transparenz.

Nachhaltigkeit findet unternehmerischen Ausdruck, wenn neue Wege zur Steigerung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte erfüllt werden. Übergreifend sollten Entrepreneure (eigenes Unternehmen) und Intrapreneure (unternehmerisch, ohne Eigentumsanteil am Betrieb) ihre Gestaltungsspielräume zur Verankerung von Nachhaltigkeit als Unternehmenskernziel und als Motivator für neue Geschäftsansätze oder zur Repositionierung ergreifen. Trotz eines vielleicht beschränkteren Handlungsraums können auch Manager wichtige Akzente zur Nachhaltigkeit gesetzt werden. Dies reicht von Infragestellung bisher gelebter Prozessabläufe bis hin zu Reorganisation der Prozesse. Die Durchsetzungsfähigkeit mit Nachhaltigkeit verbundener Veränderungen kann in Abhängigkeit der Unternehmer-Manager-Typologie durch die spezifischen Stellhebel gesteigert werden. Der visionäre Unternehmer und ein durch Umsetzungsstärke charakterisierte Manager bilden hierbei ein komplementäres Paar zur Steigerung von Nachhaltigkeit.

Unternehmerischer Antrieb steigert die Nachhaltigkeit durch eine Vorbildfunktion. Mutige, innovationsbereite Unternehmer, die mit Engagement und dem Willen zur Beseitigung von Hindernissen neue Pfade zur Steigerung der Nachhaltigkeit beschreiten, bilden den Grundstein zur Bewältigung der Herausforderungen. Dabei ist die Umsetzung ebenso bedeutsam wie die Identifikation visionärer Wege. Diese unternehmerische Aufgabe wird durch Vernetzung wirksam, denn die Komplexität ist für einen Betrieb allein nicht beherrschbar. Trotz aller Digitalisierung bildet der Mensch mit seinen Bedürfnissen den Stellhebel für gewünschte Veränderungen und somit für erfolgreiche nachhaltige Unternehmensführung. Entsprechend haben sich die Nachhaltigkeitsaktivitäten an den menschlichen Bedürfnissen auszurichten. Da Unternehmer mit ihren persönlichen Bedürfnissen im Unternehmen bestimmend sind, wird Humanität bei nachhaltigem Unternehmertum holistisch abgedeckt – vom Kunden, über die Mitarbeiter, die Mitmenschen, die Mitkonkurrenten, die eingebundenen Personen im Netzwerk und der Betriebseigentümer.

Dabei gilt es die Nachhaltigkeit des Agierens fortlaufend zu hinterfragen und an Veränderungen auszurichten:

Zukunftsorientiert

Wie wichtig ist mir die langfristige Sicherung und Zukunftsorientierung meines Unternehmens?

Nachhaltig

Setze ich entsprechende nachhaltige Akzente in meinen Entscheidungen und Aktivitäten?

Zukunftssichernd

Genügt meine Ausrichtung den Anforderungen unserer Umwelt und zukünftiger Generationen?