nachhaltiges unternehmertum |
am Beispiel der Weinbranche

Nachhaltigkeit als strategischer Leitgedanke

Als Minimaldefinition kann Nachhaltigkeit mit Langfristigkeit gleichgesetzt werden. In der Managementliteratur werden teilweise immer noch „langfristige Renditen“ als Ziel von Nachhaltigkeit aus Unternehmenssicht definiert. Ein derartig reduziertes Verständnis begründet lediglich vordergründige Nachhaltigkeit von Unternehmen. Unser heutiges Leben und Wirtschaften belastet die Zukunft. Der Klimawandel ist nur ein Beispiel für die Folgen unseres Handelns. Angesichts der Zerstörung nicht regenerierbarer Ressourcen hat sich eine erweiterte Definition von Nachhaltigkeit durchgesetzt: unternehmerisches Agieren darf nicht zu Lasten der zukünftigen Generationen erfolgen.

Nachhaltigkeit sollte ein Leitgedanke unternehmerisch ethischen Handelns sein. Nachhaltigkeitsüberlegungen können bestehende Geschäftsmodelle beeinflussen und ebenso neue Geschäftsmodelle motivieren. Auf Grund der wissenschaftlich belegten Handlungsnotwendigkeit erfolgt zunehmend eine Verankerung von ökologischem Handeln bei Unternehmen. Der in der Forschung zu Unternehmertum hierfür charakterisierende Begriff des „Ökopreneurs“ (Ecopreneur) gewinnt dadurch an Bedeutung. Soziales Engagement hat sich parallel als eigenständiges Managementparadigma unter dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) etabliert. Unternehmen setzen sich zunehmend freiwillig für soziale Aktivitäten ein, Mitarbeiter engagieren sich in gemeinnützigen Projekten, die Unternehmen fördern benachteiligte Gruppen oder finanzieren Projekte zur Steigerung der sozialen Gerechtigkeit. Nachhaltigkeit verbindet diese Handlungsorientierung als Dreiklang von Steigerung der ökonomischen Leistungsfähigkeit bei Sicherung von sozialer Gerechtigkeit und Wahrung der ökologischen Tragfähigkeit.

Erhaltung der Naturfunktionen und der Naturkreisläufe, Ressourcen- und Umweltschutz, Artenerhaltung, Energieeinsparung, Emissionsbegrenzung, Abfallminimierung, Suffizienz, Recycling, Kreislaufwirtschaft, Verzicht etc.

Gerechtigkeit innerhalb und zwischen den Generationen (auch zukünftige), Chancengleichheit, Menschenrechte, Gesundheit, Bildung, Sicherheit, Entlohnung, Integration, Diversität, Work-Life-Balance, Fairness, Fehlerkultur, Anerkennung etc.

Sicherung angemessener Bedürfnisbefriedigung, Beschäftigung, Faire Wertschöpfung, Ethisches Management, Unternehmenssicherung, Verbraucherschutz, Verlässlichkeit, Innovation, Transparenz, Datensicherheit etc.

Unternehmertum als Beschleuniger von Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeitsmanagement wird von drei Motivatoren getrieben: extern (z.B. Kunden), rechtlich (z.B. EU-Regularien) und intrinsisch. Der intrinsische, unternehmerische Motivator entfaltet Kräfte zur Entwicklung von bis dato nicht möglich gehaltenen Lösungen, die klassischen Merkmale von Unternehmertum, als Hebel zur Steigerung von Nachhaltigkeit. Die zunehmende Dynamik bedingt und begünstigt unternehmerisches Handeln: schnelle, aber belastbare Entscheidungen bei positiver Grundeinstellung zu Veränderungen in der Umwelt, Risikoakzeptanz bei bewusstem Risikomanagement, gepaart mit Mut zu Innovation und zur Veränderung. Wenn die Lebenszyklen von Ideen, Produkten und Unternehmen sich drastisch verkürzen, liegt der Erfolg in der unternehmerischen Entscheidungsfindung, einem Erkennen von Chancen und einer zielgerichteten, zügigen Umsetzung von Ambitionen und Ideen. In dynamischen Zeiten mit Komplexität und einer Vielzahl an zu berücksichtigenden Einflüssen wird Geschwindigkeit zum Erfolgsfaktor, wie Start-up-Philosophien und erfolgreiche Unternehmensgründungen untermauern. Damit werden unternehmerisches Entscheidungsverhalten und unternehmerischer Managementstil zum Impetus und prägen erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement.

Nachhaltigkeitsmanagement fordert Veränderungsbereitschaft und Wille zur Schaffung von Transparenz. Nachhaltigkeit findet unternehmerischen Ausdruck, wenn neue Wege zur Steigerung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte erfüllt werden. Unternehmerischer Antrieb steigert die Nachhaltigkeit durch eine Vorbildfunktion. Mutige, innovationsbereite Unternehmer, die mit Engagement und dem Willen zur Beseitigung von Hindernissen neue Pfade zur Steigerung der Nachhaltigkeit beschreiten, bilden den Grundstein zur Bewältigung der Herausforderungen. Dabei ist die Umsetzung ebenso bedeutsam wie die Identifikation visionärer Wege. Diese unternehmerische Aufgabe wird durch Vernetzung wirksam, denn die Komplexität ist für einen Betrieb allein nicht beherrschbar. Trotz Digitalisierung bildet der Mensch mit seinen Bedürfnissen den Stellhebel für gewünschte Veränderungen und somit für erfolgreiche nachhaltige Unternehmensführung. Entsprechend haben sich die Nachhaltigkeitsaktivitäten an den menschlichen Bedürfnissen auszurichten. Da Unternehmer mit ihren persönlichen Bedürfnissen im Unternehmen bestimmend sind, wird Humanität bei nachhaltigem Unternehmertum holistisch abgedeckt – vom Kunden, über die Mitarbeiter, die Mitmenschen, die Mitkonkurrenten, die eingebundenen Personen im Netzwerk und der Betriebseigentümer.

Nachhaltigkeit kann über eine strategische Zielsetzung in alle Stufen der Wertschöpfung von Kleinunternehmen einfließen, über die 3-Säulen und auf Basis der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, mit unterschiedlichem Einfluss.

Unternehmerische Nachhaltigkeit auf Basis der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung

Als Unter­zeichner der Agenda 2030 hat sich die Bundesregierung verpflichtet, eine nachhaltige Entwick­lung im eigenen Land voranzutreiben und diese durch Umbau von Strukturen sowie verändertes Denken und Verhalten umzusetzen. Hierzu wurden 17 gesellschaftliche Ziele vereinbart, die Nachhaltigkeit konkretisieren und einfordern. Auch wenn diese Ziele auf hoher Ebene angestrebt werden, liefern sie vielfältige Impulse, wie man als Unternehmerin und Unternehmer einen aktiven Beitrag leisten kann. Jeder noch so kleine Beitrag ist ein weiterer Schritt unserer Gesellschaft für eine lebenswerte Zukunft aller Beteiligten.

Zahle ich fairen Lohn an meine Mitarbeiter und wie trage ich zur sozialen Absicherung bei? Stelle ich sicher, dass in meiner gesamten Wertschöpfungskette Mindestlöhne gezahlt werden? Erhalten meine Partner faire Konditionen? etc.

Wirke ich dem Verschwenden von Lebensmitteln entgegen? Kann ich in meiner sozialen Umgebung dazu beitragen, dass niemand Hunger leidet? Kann ich Maßnahmen ergreifen, die Hunger in anderen Ländern verhindern oder mindern?

Wie stelle ich sicher, dass es meinen Mitarbeitern körperlich und seelisch gut geht? Faire Arbeitsbedingungen, Work-Life-Balance, Gesundheitsmanagement etc. Sind meine Produkte und Leistungen der Gesundheit und dem Wohlergehen meiner Kunden förderlich?


Leiste ich Unterstützung bei der Ausbildung und Weiterbildung meiner Mitarbeiter? Unterstütze ich auch Weiterbildung zur Sicherung unserer Zukunft im Sinne von Nachhaltigkeit. Kann ich zur Bildung von Kindern, Erwachsenen oder Benachteiligten in meiner direkten Umgebung oder in anderen Ländern beitragen?

Stelle ich in meinem Unternehmen und bei meinen Partnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette sicher, dass keine Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts oder geschlechtsbezogener Identität oder Orientierung erfolgen? Unterstütze ich die Vereinbarkeit von Familien- und Arbeitsleben?

Wird in meiner Wertschöpfungskette oder durch mein Geschäftsmodell Wasser verschmutzt oder verschwendet und wie kann ich es verhindern? Kann ich dazu beitragen, dass weniger Wasser benötigt oder verschmutzt wird? Wie kann ich wassergebundene Ökosysteme schützen und fördern?


Nutze ich primär saubere Energie und schöpfe ich die Möglichkeiten regenerativer Energien für mein Unternehmen aus? Wie reduziere ich meinen Verbrauch und stelle Energieeffizienz sicher? Wie kann mein Geschäftsmodell zur Minimierung des Energieverbrauchs beitragen?

Trägt mein Geschäftsmodell zu einem gesunden Wirtschaftswachstum und zur Sicherung meiner unternehmerischen Existenz bei? Stehe ich für menschenwürdige Arbeit und fairen Umgang mit meinen Partnern entlang der Wertschöpfungskette ein? Biete und sichere ich Arbeitsplätze und wertschätzende Arbeitsbedingungen?

Wie stelle ich sicher, dass meine Wertschöpfung und mein Geschäftsmodell nachhaltigen Grundsätzen genügt. Schaffe ich dabei eine resiliente Infrastruktur und fördere ich Innovationen? Wie kann ich zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft beitragen und welche innovativen Alternativen zu nicht-nachhaltigen Aspekten könnten initiiert werden?


Wie stelle ich faire und gleichbehandelnde Bedingungen auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette sicher? Wo und wie kann ich Diversität, Inklusion und Integration fördern - in meinem Unternehmen, in meiner direkten Umgebung, entlang der Wertschöpfungskette und durch mein Geschäftsmodell?

Wie kann ich über nachhaltige Lösungen zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen können: Unterstützung eines emissionsarmen Verkehrs, Schaffung freizeit- und naturorientierte Freiflächen oder bezahlbaren Wohnraums, Unterstützung sozialer und ökologischer Projekte, Netzwerkbildung im regionalen Raum zur gemeinsamen Diskussion und Entwicklung innovativer Nachhaltigkeitslösungen in der Region.

Achte ich bei meiner Produktion und der Erstellung meiner Leistung auf ökologische Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette und widerspricht auch mein Geschäftsmodell keinem Grundsatz der Nachhaltigkeit, so dass der Konsum oder die Inanspruchnahme meiner Leistung kundenorientierten Nutzen bietet und keinen Schaden anrichtet?


Welche umgehenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen kann ich ergreifen? Wo und wie kann ich zur Minimierung des CO2-Ausstoßes beitragen? Welche zielführenden Maßnahmen zum Ausgleich meines CO2-Verbrauchs kann ich ergreifen?

Die ökologischen Auswirkungen durch Plastikabfall in den Meeren sind massiv. Wie können wir zur Vermeidung von Plastik entlang unserer Wertschöpfung beitragen, sowohl durch unsere Verpackungen bis hin zu unseren eigenen Produkten und Serviceleistungen.

Welche Maßnahmen zum Erhalt und Schutz von Biodiversität und Artenschutz kann ich leisten? Wo bieten sich Möglichkeiten in meiner Region oder in Regionen entlang meiner Wertschöpfung Aktivitäten und Projekte zu unterstützen und zu fördern?


Was kann ich zu einer friedlichen und inklusiven Gesellschaft beitragen? Gibt es in meinem Unternehmen und im Umgang mit Partnern und Mitarbeitern klare Strukturen, Transparenz und Sicherheit jenseits von Ausbeutung, Bestechung und Korruption. Kann ich für juristische oder gesellschaftliche Unterstützung sorgen?

Die vielfältigen und komplexen Nachhaltigkeitsziele kann niemand alleine erreichen. Wo und wie kann ich mein eigenes Netzwerk nutzen und aktivieren, um nachhaltige Aktivitäten zu fördern, zu initiieren und zur Entwicklung innovativer Lösungen - auch im Kleinen und Alltäglichen? Wie finde ich neue Kontakte und wie kann ich von anderen lernen?

Nachhaltigkeit ist ein komplexes und langfristiges Thema. Jede einzelne Maßnahme und jede Lösung zur Verbesserung unserer Nachhaltigkeitsbilanz und zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele ist ein Schritt nach vorne. Nachhaltigkeit sichert unsere Zukunft und bietet zudem ein enormes unternehmerisches Potential über innovative Produkte und Leistungen und neue Geschäftsmodelle!

Nachhaltiges Unternehmertum stellt sicher, dass die unternehmerische Strategie im Geschäftsmodell allen Anforderungen an Nachhaltigkeit genügt und die unternehmerischen Aktivitäten die Zukunft nachfolgender Generationen sichert. Das Geschäftsmodell bildet dabei die Basis der unternehmerischen Aktivitäten und ist ausschlaggebend für die Erreichung gesetzter Ziele und den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens.